31.1.24

Ferien II: "Nach Canossa gehen wir nicht!" - "Doch!"

Canossa an einem kalten Wintertag Mitte Februar 2011, glaub' ich. Im Hintergrund die Poebene, und auf manchen bei Tag aufgenommenen Fotos sieht man auch noch die Alpen (WP)

 

FR, 12.1.'24, bis FR, 19.1.'24:

Eine entspannte, angenehme Woche. Morgens 'raus, ohne Hotelfrühstück, aber Speis und Trank gab's reichlich in dieser Stadt mit 26.000 Einwohnern und gefühlten 100 Kneipen und Cafés, die meisten in der „Kneipenmeile“, der „Seafront“. Nach einem Kaffee und was Süßem weiterschlendern, ein bißchen auf die (meist blaue) See Richtung Korfu gucken – auch bei Sonnenuntergang gegen 18 Uhr sehr nett (Bild: WP): 


Dann was Herzhaftes essen und ein Bierchen trinken, die Schreibblöcke vollschreiben und nach ein, zwei Stunden weiter zum nächsten Lokal. Ein Wirt am entgegengesetzten Ende der „Kneipenmeile“ nannte mich schon auf deutsch „mein Freund“ und zeigte mir auf seinem Handy die Bilder seiner drei Kinder, zweier Töchter und eines Sohnes. Alle hätten sie studiert, sagte er stolz. So ist es oft, auch in Deutschland: Alle wollen Häuptlinge werden, keiner Indianer … 

Die Uferpromenade von Igoumenitsa. Links vom Grüngürtel die "Kneipenmeile" des Ortes (Bild: WP)

Der Wirt fröstelte oft (wie ich) und drehte das elektrische Heizöfchen wärmer. In der Sonne war's angenehm mild bis warm, aber sobald sie weg war, kroch die Kälte wieder in Gemäuer und Gebeine – immerhin nicht mit Eisregen, wie ich im Hotel im deutschen TV sah. Zum ersten Mal sah ich, daß es mehrere ZDFs gibt, als genügte nicht eins … Kein Wunder, daß die Fernsehgebühr ausufert, wenn die Zahl der Kanäle es auch tut. Was gab's sonst noch im Hotel-TV? Sogar Radio Galega, d. h. galicisches Fernsehen und Radio – das erinnert mich daran, daß ich da auch mal wieder hinsollte; BBC, jede Menge albanische Kanäle (jede albanische Provinzstadt scheint einen eigenen Fernsehkanal zu haben – und das für 6,50 Euro jährliche Fernsehgebühr). So zappt man sich, früh schlafen gegangen und warm eingemummelt im ungeheizten Raum, durch die Kanäle. Klare Nächte sind kühl. Am dritten Tag regnete es vorübergehend; da war die Nacht viel milder, und es war angenehmer, das Fenster ein wenig offenstehen zu lassen. Manchmal ließ ich über den Fernseher auch leise das Radioprogramm von Cosmos Jazz laufen oder Tirana Jazz, aber auch ein vermeintlich schwarzer Bildschirm strahlt immer noch Licht ab. (Auf der Website des Hotel Oscar steht übrigens ein Menüpunkt „Kekse“ – hmmm …)

Halten wir fest: Auf rund 40 Grad Nord sind halt noch keine wirklich „wärmesicheren“ Winterferien garantiert, ebensowenig wie auf unter 1000 Metern Seehöhe in Mitteleuropa schneesichere Winterferien. Kennen Sie noch den Rudi-Carrell-Song „Wann wird’s mal wieder richtig Sommer?“ von etwa 1974? In der zweiten Strophe hieß es: „Der Winter war der Reinfall des Jahrhunderts; nur über 1000 Meter gab es Schnee. Mein Milchmann sagt: 'Dies Klima hier – wen wundert's? Und schuld daran ist nur die SPD!' Hähähähä … Ich find', das geht ein bißchen weit …“ Aber nur ein bißchen.

30 Grad Nord sind zum warmen Winterferienmachen natürlich besser. Aber einen 30. Breitengrad gibt’s in Europa gar nicht – dafür ragt unser Kontinent nicht weit genug nach Süden. Der 30. nördliche Breitengrad durchzieht den Sahara- und Islamgürtel Nordafrikas.

Am Westende, bei den Kanaren und dem südmarokkanischen Küstenstädtchen Sidi Ifni, das dem Vernehmen nach recht entspannt sein soll, geht’s ja noch. Casablanca auf 33 ½ Grad Nord ist sicher auch ganz interessant. Mal in „Rick's Café“, das von einer GmbH namens „The usual suspects“, „Die üblichen Verdächtigen“, betrieben wird, einen solchen schlürfen, auch wenn alles unecht und Illusion ist.

Ostwärts davon jedoch gibt's viel Wüste und Dürre und z. B. ein Städtchen wie die algerische Oasenstadt Ghardaia. Da lebt die muslimische Sekte der Mozabiten, deren Frauen einen bettlakenartigen weißen Überwurf tragen, der nur ein Guckloch für e i n Auge freiläßt. (Bild: WP)


Immer wenn man denkt 'Schlimmer geht’s nimmer', kommt von irgendwo jemand daher … nicht selten aus der islamischen Ecke …

Strand gibt’s auch keinen – man kann höchstens darauf hoffen, daß die Stadt nicht auch im übertragenen Sinne „trocken“ ist. Trotzdem gibt’s da Hotels. Was besichtigen die da? Die neue Frühjahrsmode? „Schatz, ich hätte gern auch so ein hübsches weißes Kleid! Die Nachbarinnen werden Augen machen!“ – „Aber nur noch eins, Liebling.“

Am Ostrand des Kontinents wird’s wieder netter, in den ägyptischen Badeorten Hurghada und Scharm-el-Scheich. Letzteres hat sogar eine bombastische Weihnachtsbeleuchtung, während in Europa manche muslimische Gruppen gegen Weihnachten Front machen.

 

Weihnachtsbeleuchtung in Scharm-el-Scheich (Bild: WP)

Zu trinken gibt’s anscheinend auch, zumindest so halbwegs, und … 

 

Diese Apotheker wissen, worauf's ankommt ... Bild: Ein Freund

 

Eilat, der Badeort in Israel am Roten Meer, wäre noch zu nennen. Kairo ist wohl kaum ein solcher, allenfalls Alexandria. In Asien liegt Schanghai auf 31 Grad Nord auf der sog. Heizgrenze, und es kann dort winters so frisch werden wie in Europa auf 40 Grad Nord, denn in China fehlt der wärmende Golfstrom. New Orleans, das wär' was! Heiß im wörtlichen wie im übertragenen Sinne …

So weit ein kurzer Blick auf den 30. nördlichen Breitengrad.

Jaaa, so war's in dieser Woche. Schreiben, essen, trinken, spazierengehen; schlank wird man so nicht, aber zufrieden, wenn schon nicht glücklich. In einem Kapellchen eine Münze einwerfen und eine echte, duftende Wachskerze für einen Heiligen anzünden.

FR, 19.1.'24: Morgens checke ich aus dem Hotel aus, lade meinen Kram ins Auto und genieße den Tag und die ersten dunklen Stunden noch, bevor ich gegen 11 Richtung Hafen rolle. Rund 100 Euro hat mich die Fähre nach Brindisi gekostet, und wie üblich gibt’s beim Einchecken und Auschecken Streß. Ansonsten schlummere ich in einem bequemen Sessel, gehe ab und zu mal an Deck, genieße die Aussicht und die frische Seeluft; gegen Morgen brist es auf. 

Fähre bei Nacht vor dem Auslaufen. Noch müssen ganze Lastwagenhorden verstaut werden. Die gewundene "Lichterkette" links neben der Mitte ist die "Via Egnatia", in Anlehnung an eine alte Römerstraße; der beleuchtete Anfang einer Autobahn, die durch Griechenlands Norden ostwärts bis zur türkischen Grenze führt und die ich 2008 mit dem Motorrad durchmaß; da waren einige Abschnitte noch nicht fertig, und Laster und Bikes mußten sich auf Nebenstraßen durchs Gebirge quälen (Bild: WP)

Von halb zwei in der Nacht bis zum folgenden Vormittag waren wir unterwegs.

SA, 20.1.'24: Brindisi. Vielleicht könnte ich hier noch ein paar Tage bleiben wie in Igoumenitsa und dann weiterreisen …

Aber daraus wurde nichts. Keine Strandpromenade, nur häßliche Industrieanlagen und löchrige Straßen. Waren die bei meiner Motorradtour 2008 auch schon so löchrig? Und wo sind die Hotels von damals, nahe dem Fähranleger?

Ich fuhr weiter Richtung Richtung Bari und dann weiter nach Norden, Richtung Ancona. Die Straße war vierspurig, aber ohne Standspur, löchrig, vor allem die rechte Fahrspur, die Tankstellen nur kreditkartenbasiert – dasselbe Leiden wie in Frankreich. Die Umgebung war – außer der direkten Küstenlinie vermutlich – eher flach und reizlos.

Nördlich von Bari grüßte mich nachmittags bei dem Städtchen Cerignola ein Hotelschild – gleich 'raus aus der Autobahn und eingecheckt. Unter 50 Euro mit Frühstück.

Gegenüber eine Tankstelle, leider auch wieder mit Kartenbetrieb. Daneben eine Bar, auch mit (Flaschen-)Starkbier, in der sich die Einheimischen trafen. Das Geld für die Biere im Schrank mußte man in einen Bezahlautomaten legen, nur die Kaffeechen und Gebäcks durfte man beim Barkeeper direkt zahlen.

Süffeln und schreiben …

Ein Restaurant hatte das Hotel auch. Die Speisekarte war etwas eingeschränkt. Das kannte ich schon aus Igoumenitsa: Bier vom Faß und manch anderes gibt’s nur in der sommerlichen Hochsaison.

Wein wurde hier gleich in Halbliterkaraffen serviert. So kannte ich „eine Halbe“ noch gar nicht …

Wieder mal eine erholsame Nacht in einem richtigen Bett; die Musik von der Tanke drang nur gedämpft herein.

Ich hatte Zimmer Nr. 1 – das Hotel war nur sehr schwach frequentiert.


SO, 21.1.'24: Alles versank im grauen Regenwetter, zunächst jedenfalls.

Das Frühstück bestand aus kleinen Kaffees und abgepackten kleinen Gebäckstücken. Südeuropa halt … Kellner und Rezeptionisten, die mehr als drei Worte Englisch können, muß man mit der Lupe suchen.

Weiter nach Norden. In Foggia geriet ich sogar mitten in die Stadt. Nanu, hab ich einen Abzweig übersehen? Nein, ich hatte nur übersehen, daß ich bislang nicht auf der Autobahn war, sondern auf einer vierspurigen Staatsstraße. Die Hinweisschilder zu den „autostrade“ hatte ich ignoriert, weil da Ortsnamen wie „Neapel“ oder „Tarent“ standen; da wollte ich nicht hin.

Immerhin fand ich in Foggia eine Tankstelle mit Bedienung und Bargeldakzeptanz, die ich zum Volltanken nutzte. Bedienung muß ja nicht unbedingt sein, aber Bargeldakzeptanz.

Von Foggia aus fuhr ich auf die Bezahlautobahn nach Norden – und gleich war alles viel bequemer, breiter und besser, allerdings eben auch teurer. Und es gab viele Baustellen.

Allmählich wurde es links, im Westen, wieder hügliger, bergiger; irgendwann tauchten gar die schneebekrönten Bergriesen der Apeninnen auf. Tunnels wurden häufiger, die Luft kühler. Der Winter rückte wieder näher.

Das Wetter hatte sich wieder gebessert, war aber reichlich stürmisch geworden. Wo die Autobahn weniger als 100 Meter von der See entfernt war, konnte ich beobachten, wie die Adria graugrün gegen den Strand antoste, -stürmte, -brandete.

Bei Sonnenuntergang an einer Raststätte bei Pesaro ein Bierchen mit Aussicht über die Adria.

Als es dunkel wurde, steuerte ich bei Ancona eine Raststätte und Tankstelle mit Bedienung an und legte mich im „Hotel Dacia“ schlafen – in Reichweite von Bier, Essen und Sprit. Es gab sogar Leffe brune und blonde. Die Laster in der Nähe – die auch gelegentlich die Standheizung anschalten mußten – wirkten wie eine beruhigende Elefantenherde. Tagsüber kann sie sich, in Eile, auch mal in eine wilde Elefantenherde verwandeln …

Es war eine klare, kühle Nacht.


MO, 22.1.'24: Ab 8 oder 9 Uhr wärmt die Sonne wieder.

Volltanken, eine Kleinigkeit essen und trinken und weiter.

Nach kurzer Zeit erreiche ich die Abfahrt Riccione. U. a. 1964 machte meine Tante dort Ferien, mehr als einmal. Ich war damals noch ein kleiner Windelpuper.

Eigentlich könnte ich hier irgendwo in Strandnähe eine Pension suchen und ein paar Tage bleiben, aber die Lust ist mir geschwunden. Also weiter nach San Marino – in den letzten Staat Westeuropas, den ich noch nicht gesehen habe. (Da war Tantchen auch mal.)

Erst mal bei der Abfahrt von der Autobahn das übliche Gefummel an der Bezahlstelle mit Münzen und Kärtchen, man kommt vom Auto aus selbst mit langen Armen nicht an den Schlitz …

Ein schrottiges Haus weist die große Inschrift „facciamo l'amore“ auf. Ein (ehemaliger?) Puff?

Jede Menge Kommerz entlang der Straße, ähnlich wie in Andorra. Ziemlich bald ist die (unkontrollierte) Staatsgrenze überschritten. Ziemlich viel Verkehr, ziemlich viele Kreisverkehre. Nahe einem parke ich und speise mit herrlichem Blick über die ganze zersiedelte Adriaküste und das anschließende Meer.

Ich fahre weiter nach oben, bis es nicht mehr höher geht, aber ich steige nicht aus. Volle Parkplätze. Immerhin scheint es hier nicht – wie in Andorra – Parkplätze nur für Staatsbürger zu geben (vielleicht für Anwohner – läuft fast aufs selbe hinaus).

5 Grad“ verkündet eine Temperaturanzeige hier in über 500 Metern Höhe. Die höchste Erhebung ist der Monte Titano (739 m).

Warum ist SM überhaupt ein eigener Staat? Weil der italienische Nationalheld Garibaldi auf der Flucht vor seinen Gegnern einmal hier Zuflucht bekam und im Gegenzug versprach, SM bei der Einigung Italiens auszusparen.

San Marino wäre gewiß zwei, drei Tage Aufenthalt und Erkundung wert, aber ich fahre mal kurz auf der Höhe hierhin und dahin und dann wieder auf kurvigen Nebenstraßen abwärts.

Wieder auf die Autobahn – Richtung Bologna-Mailand. Eine der verkehrsreichsten Italiens, in einer dichtbesiedelten, wirtschaftsstarken Region.

An einer riesigen Autobahnraststätte irgendwo bei Bologna mache ich für heute Schluß.

An den Tischen der Raststätte speise ich nicht, aber schreibe noch zum Bier. Es gibt neben Starkbier auch sardisches „Ichnusa“-Bier. Kurioser Name. Soll „authentisch“ sein. [Nachtrag 9.3.: Schmeckt nicht.]


DI, 23.1.'24: Die Nacht war klar und kühl; die Morgensonne weckt die Lebensgeister wieder. Wenigstens muß man hier fürs Klo nix zahlen …

Wieder auf die Autobahn Richtung Mailand. Unangenehm dichter Verkehr; viele Lkw.

In Reggio nell'Emilia verlasse ich die Autobahn.

Aufs Geratewohl fahre ich in der Stadt Richtung Süden; die Wegweiser sind im Gegenlicht kaum zu lesen, und wenn man zögert, wird man angehupt. 

Sollten Sie jemals die USA durchqueren, werte Leser, fahren Sie unbedingt von Westen nach Osten, denn in der umgekehrten Richtung haben Sie mittags und abends immer die Sonne gegen sich.  

Endlich entdecke ich zufällig einen Wegweiser in Richtung eines Dorfes, das auf dem Weg nach Canossa liegt, folge ihm, hangle mich weiter zum nächsten Dorf und zum übernächsten …

Hüglig wird’s. Einmal muß ich einige Kilometer zurückfahren, weil ich den Abzweig übersehen hatte, wo's zum erstenmal wirklich steil und schmal wird.

Immer höher geht’s hinauf, und Canossa ist nicht die einzige Burg und das einzige Dörfchen.

Endlich war ich da. Es war 12 Uhr durch. Auf den Pfützen stand Eis und auf schattigen Wiesen der Rauhreif. 576 Meter hoch liegt die Ruine.


Die Burg sei heute, Montag, geschlossen, ruft mir ein Anwohner zu. Ohnehin gibt es nur Ruinen zu besichtigen. Parkplätze sind Mangelware auf diesen spitzen, steilen Bergkuppen



Es gibt viele stimmungsvolle Bilder von Canossa, etwa über einem Nebelmeer, auf Wikipedia; ich begnüge mich – abgesehen vom Titelbild – mit diesem hier oben.

Das Wichtigste sieht man sowieso nicht: Des Kaisers Bußgang nach Canossa. Kaiser Heinrich III. hatte die Päpste noch im Griff gehabt. Auf der Synode zu Sutri 1046 hatte er der Reihe nach drei freche, widerborstige Päpste abgesetzt.

31 Jahre später hatten sich die Verhältnisse umgekehrt. Papst Gregor VII träumte von einem Gottesstaat: „Des Papstes Füße haben alle Fürsten zu küssen“, verkündete er in seinem „Dictatus papae“ („Diktat des Papstes“). „Er allein darf Fürsten ab- und einsetzen. Er allein darf Fürsten richten. Er darf von niemandem gerichtet werden.“

Kaiser Heinrich IV hatte er exkommuniziert und abgesetzt. Der Kaiser mußte in der Winterkälte drei Tage lang ausharren und sich dann vor dem Papst zu Boden werfen, der sich dann genötigt sah zu verzeihen …

Nach meinem Spaziergang stieg ich wieder ins Auto, fuhr vorsichtig ins Tal und wieder nordwärts nach Reggio nell' Emilia, suchte dort den Weg nach Brescello – zu meinem letzten Etappenziel.

Vielleicht eine Stunde später war ich da. Ein überraschend kleiner Flecken, ca. 6500 Einwohner, knapp unter dem 45. Breitengrad. „Im Winter erschauert man unter der Herrschaft des Regens, im Sommer glüht die Sonne in die sowieso schon hitzigen Gemüter“, so ähnlich heißt es im Film. Ich parkte keine 100 Meter neben dem zentralen Platz mit der filmberühmten Kirche und den Statuen der beiden Kontrahenten, Don Camillo vor „seiner“ Kirche und gegenüber Peppone vor „seinem“ Rathaus.

Die berühmte Kirche ...

... ist innen recht pompös

Das Café Don Camillo war geschlossen und würde es bis kurz nach meiner Abreise bleiben. Die Bar Centrale alias Café Peppone war geöffnet. Zeit für ein Ankunftsbierchen. Zum Draußensitzen war's zu kalt. Auch drinnen war nicht geheizt. Das fand ich erst rund 100 Meter weiter in einem anderen Café.

Immerhin regnete es nicht.

Soll ich jetzt schon wieder im Auto übernachten? fragte ich mich und kurvte durch den Ort. Und da war es auf einmal: das Hotel Brixellum, mit 75 Euro das teuerste, aber auch angenehmste Hotel auf meiner ganzen Reise.

Ich aß im Hotel zu Abend und schlief mich mal so richtig in einem bequemen Bett aus.

Am anderen Morgen noch ein Spaziergang bis zum Bahnhof:

Von hier mußte Don Camillo in die "Verbannung" in ein Bergdörfchen abdampfen, und keiner verabschiedete ihn - weil Peppone finstere Drohungen ausgestoßen hatte. Die Leute standen am nächsten Bahnhof ...

 

Am Vortag hatte ich am Bahnübergang einen alten Zug vorüberfahren sehen - er sah aus wie ein alter deutscher Eilzugwaggon, mit Graffiti "geschmückt" ... (Diese "Silberlinge" vekehren auch in Albanien ...) 

Das Don-Camillo-und-Peppone-Museum schenkte ich mir – so genau wollt' ich's auch nicht wissen. 

Don Camillo muß immer das letzte Wort haben ...

 

Eine Stunde hektischer Verkehr über Landstraßen und durch eine nicht sonderlich reizvolle flache Landschaft, dann hatte ich bei Mantua die Autobahn wieder erreicht, die Autobahn Modena-Brenner.

In Verona noch einmal volltanken, zu unverschämt hohen Preisen, aber was soll's …

10.000 Worte werde ich von dieser Reise nicht heimbringen, aber wenigstens 8.000 – was soll's …

Südlich von Bozen in der ersten Raststätte auf deutschsprachigem Gebiet ein Halt in der Abenddämmerung. Als Geschenk für Freunde zwei Fläschchen des „Ichnusa“-Biers gekauft. Für die Reise fällt nun allmählich der Vorhang.

Über Bozen Richtung Brenner. Er war diesmal keine Wetterscheide; kein Schneefall auf der Nordseite. Neues „Pickerl“ gekauft – in einem pompösen Gebäude, das zugleich ein Museum für den Bau dieser Autobahn sein soll.

Über Innsbruck an die deutsche Grenze. Im Rasthof Inntal gleich danach was gegessen und einen ruhigen, ziemlich dunklen Fleck zum Schlummern gefunden. Verkehrsschilder „Nicht über vier Stunden!“ störten nur mäßig. Radiointerview mit einer Bestsellerautorin von Kinderbüchern. War ganz interessant.


MI, 24.1.'24: Morgens war's feucht und mild, und bis 12.30 schaffte ich es nach Mössingen – über Ulm und Merklingen. Ich hatte schon ganz vergessen, wie kurvig, schmal und eng es vor Münsingen war. Und wieder mal angehupt werden beim hektischen Überholtwerden.

Bis 12 bzw. 12.30 Uhr (mittägliche Ladenschließung) hatte es nicht ganz gereicht. Also gleich ab ins „Krokodil“ in Mössingen und noch ein paar Notizen gemacht: 650 Kilometer waren es von Verona bis daheim gewesen, und ein Drittel Sprit war noch im Tank …

Ciao einstweilen!


Nachtrag 1: Manche Reisehasser könnten meinen, schreiben könnte ich doch einfacher daheim, ohne den ganzen Reisestreß. Jaaa … aber erstens ist man da durch viele andere Dinge abgelenkt, und zweitens ist das Verlassen Deutschlands wie das Verlassen einer stickigen, ungelüfteten Wohnung, in der man pausenlos von irgendwelchen Gouvernanten vollgequengelt und vollgenörgelt wird – eine Wohltat, auch mit Streß.

Nachtrag 2: Von den Bildern wählte ich fast immer die knappste Version, damit die Forensoftware nicht in die Knie geht. Es ist so schon schwierig genug.

Nachtrag 3: So ähnlich wie manchem modernen Nachfolger Don Camillos geht's mir auch: Meine „Worte zum Sonntag (WzS)“ sind anscheinend vor (fast) leeren Bänken gepredigt; das ist Zeitverschwendung. Nein, „tres n o n faciunt collegium“; auf schwäbisch „Wegen einer (alten) Hutzel macht man den Ofen nicht an“ (= „wegen einer alten Betschwester macht sich der Pfarrer nicht die Mühe eines Gottesdienstes“; andererseits wird der – wie die „Staatsfunker“ – so quasi halbstaatlich bezahlt, unabhängig von der Hörerzahl). Mit dieser Folge hören und lesen Sie, werte Leser, die erste Folge des „Worts zum Ultimo“ (zum Monatsletzten). Ciao!

Ferien I: Von den Schluchten des Balkans ins milde Griechenland

"Ich reise ab!" - "Hiergeblieben!"

SA, 6.1.'24: Am Dreikönigstagmittag ging's los. Abschiedsbierchen an der Horber Tanke. Rund 1850 Kilometer bis zum südalbanischen Städtchen Saranda lagen vor mir, wo ich ein erstaunlich günstiges Hostel für drei Wochen gebucht hatte, vom zehnten bis zum 31. Januar. Ich hoffte nur, daß der Herbergsvater mich nicht aufs „Obergeschoß“ eines Doppelstockbetts schicken würde – das fiele mir schwer.

1850 Kilometer – wenn ich der von mir ausgeklügelten, Mautstrecken möglichst vermeidenden Route über die Alpen, größtenteils über Landstraßen, folgen würde. Pässe vermied sie allerdings nicht, und dabei wurde eine „Schneewalze“ vorhergesagt – nicht zu verwechseln mit dem Schneewalzer; den tanzt das Auto höchstens, wenn es sich auf dem Glatteis dreht …

Also am besten auf der Brennerroute bleiben – weiter, teurer, aber auch mit gut 1300 Metern Höhe die wohl niedrigste …

(Rund 2200 Kilometer wurden's schließlich.)

Auf der A81 Richtung Stuttgart, dann auf der A8 über München Richtung Salzburg und weiter Richtung Innsbruck. Kurz vor der österreichischen Grenze am Rasthof Inntal ein paar Liter nachtanken, nicht zu viel, denn es ist mal wieder sauteuer, rund 40, 50 Cent teurer als an Landstraßentankstellen oder österreichischen Tankstellen; dafür mußte ich nicht nur das Zehn-Tage-„Pickerl“ (Vignette) der Öschis für rund elf Euro bezahlen, sondern auch noch an diversen Strecken extra zahlen. Die Öschis nehmen's vom Lebendigen …

Immer wilder wurde das Schneetreiben Richtung Brenner; andererseits fuhren nahe der Autobahn noch Skifahrer bei Flutlicht die Hänge 'runter.

Endlich war der Brenner erreicht, die Grenze zu Südtirol – und sie war, wie so oft, eine Wetterscheide. Der Schneefall hörte auf, die Sicht war klar. Ich fuhr noch bis zu einer Autobahntankstelle bei Verona und legte mich etwa um elf Uhr abends nach einem Imbiß und einem Gute-Nacht-Bier auf dem heruntergedrehten Beifahrersitz schlafen, deckte mich mit meinem dicken Schlafsack zu, ohne in ihn 'reinzukriechen. Die hellen Lampen waren lästig, und gegen die Kälte mußte ich ab und zu den Motor und die Heizung für einige Minuten anstellen (machten die Lkw-Fahrer auch).

SO, 7.1.'24: Bei Verona Schwenk nach Osten, an Triest vorbei und über ein kurzes Stück in Slowenien nach Rijeka, Kroatien.

Dieses Mal durchmaß ich die Jadranska Magistrala, die Adria-Küstenstraße, in voller Länge, von Rijeka (Kroatien) bis Ulcinj (Montenegro).

Nach 400 Kilometern Fjordstraßengeschlängel – landschaftlich schön, aber anstrengend – war abends an Schreiben nicht mehr zu denken, selbst wenn ich Abendessenkneipe und Übernachtungsbett überm Kopf gehabt hätte – hatte ich aber nicht. Zwar gab's haufenweise touristische Angebote, aber die meisten lagen im Winterschlaf …

Der Schnee war nun passé, aber ein aufziehender Sturm schwoll immer mehr an. Als es auf einem Kiesplatz in „Halbhöhenlage“ immer wilder windete, fuhr ich noch ein Stück weiter in den dunklen Abend – spät war's noch nicht – und probierte es auf einem – außer mir – leeren Kiesparkplatz (wie Nr. 1) in einer Wiesenniederung. Von ferne grüßten ein paar gelbliche Straßenlampen an einer Häusergruppe. Keine drei Dutzend Autos auf der „Magistrale“ bis morgens – alle gegen meine Fahrtrichtung, keines mit ihr.

Die kurze Tageslichtdauer ist ein echtes Problem beim Reisen im Januar. Man sieht nicht viel im Dunklen, weder von der Landschaft noch vom manchmal verwegenen Straßenverkehr.

Der Sturm wütete immer schlimmer. Jedes Mal wenn ich am Einnicken war, rüttelten mich kräftige Böen wieder wach, und manchmal hatte ich Angst, sie würden das Auto umwehen. Wenn ich mal 'rausmußte, drückte mir der Sturm entweder die Tür zu oder riß sie mir aus der Hand, ließ sie krachend in den Angeln erbeben, was sie noch knarziger und schwergängiger machte als zuvor …

MO, 8.1.'24: Im Morgengrauen um 7 weiter. Stopp an einem Geldautomaten in Karlobag. Ich brauchte kroatisches Geld! Doch der Automat spuckte lediglich Euro aus. Ich mußte sehen, daß sie mir nicht davongeweht wurden … Man konnte fast überall problemlos mit Euro bezahlen, der Kuna spielte offensichtlich nur noch eine Nebenrolle. In Bosnien-Herzegowina und in Montenegro gilt sowieso schon der Euro; diese Länder sind keine regulären Euro-Teilnehmer, aber haben auf eine eigene Währung zugunsten des Euro verzichtet, so wie manche Pazifik- oder Karibikländchen lieber den US-Dollar nehmen, als sich mit eigenen Währungen abzumühen.

Über Split weiter nach Osten. Kurz vor Neum bettete ich mich wieder einmal im „Hotel Dacia“ zur Ruhe, aber welcher Kontrast zur stürmischen Nacht zuvor! Alles mild und fast lauwarm, still und friedlich. So ist gut Ruhen …

DI, 9.1.'24: Früher führte die Küstenstraße über Neum, wo Bosnien-Herzegowina seinen einzigen schmalen Zugang zum Meer besitzt. Mittlerweile hat Kroatien eine Brücke über einen Fjord gebaut, die Neum umgeht. Ich wollte aber den kleinen Zipfel BH „mitnehmen“ wie auf meiner ersten Fahrt 2008, mit dem Motorrad.

Doch die Zeiten haben sich geändert. Der Weg über Neum scheint jetzt so ungewöhnlich zu sein, daß man mein Gepäck filzte, oberflächlich wenigstens.

Nach Dubrovnik und seinem kahl-gebirgigen Küstenabschnitt war es nun nicht mehr weit und danach nur noch ein kurzes Stück zu EU-Außengrenze, der Grenze zu Montenegro.

Deutsche Polizisten kontrollierten hier, leisteten so eine Art „Entwicklungshilfe“. Man könnte eine Karikatur zeichnen, wie ein deutscher Grenzer penibel einen Reisenden kontrolliert, während hinter seinem Rücken unkontrolliert Menschenmassen in die EU strömen …

Der montenegrinische Grenzer meinte gar, mein Fahrzeugschein sei abgelaufen („expired“), weil er den umseitigen neuesten TÜV-Stempel nicht gleich erkennen konnte.

Meine am Bügel genietete Brille zerbrach an der Nietstelle, und ich mußte mich für den Rest der Reise mit einer über 20jährigen Ersatzbrille abmühen …

Wenn Sie etwas Gutes tun wollen – da drüben warten zwei deutsche Zimmerleute auf der Walz, die nach Griechenland wollen“, sprach der deutsche Grenzer. Ich nahm sie mit.

Bald darauf erreichten wir die Bucht von Kotor, einen mehrarmigen Fjord, umstellt von bis zu 1900 Meter hohen, kahlen, steilen Bergen, den man auf einer Fähre für vier Euro pro Auto an der engsten Stelle in wenigen Minuten überqueren kann – was wir dann auch taten. (Man kann auch außenrum fahren.)

Die Bucht von Kotor 1941

Wenig später waren wir hinter Ulcinj an der Grenze zu Albanien angelangt. Hier wird noch jedes Fahrzeug kontrolliert, wenn auch nicht allzu gründlich.

Durch die Berge und am ersten Minarett vorbei ging's in Richtung der Stadt Shkoder (Skutari).

Noch in den 80er Jahren, noch unter dem Kommunismus, waren Privatautos in Albanien verboten. Nur Dienststellen und Behörden hatten ein paar Pkw. Mercedes vermeldete damals einmal stolz eine Absatzsteigerung um 700 Prozent: Im ersten Halbjahr war's einer, im zweiten acht.

Inzwischen fährt halb Albanien Mercedes. Die Straße nach Shkodra war wie eine starkbefahrene deutsche Bundesstraße – viel Betrieb, viele Tankstellen und Imbißbuden …

Ich folge dem Abzweig nach Süden, Richtung Tirana und Durres. Albanien ist kleiner als Baden-Württemberg, aber ziemlich langgestreckt – und auf schlechten Straßen fühlt sich's noch länger an …

Ein Spanien-Reiseführer aus den frühen 70er Jahren schrieb mal über die Straßen in Spanien (sinngemäß): „Unglaublich viel wird gebaut, aber oft finden sich zwischen neuen, gut ausgebauten Straßen sehr schlechte Abschnitte, die zu äußerster Vorsicht mahnen.“ Das 1969 erschienene Asterix-Heft „Asterix in Spanien“ widerspiegelt diese Situation. Die Lokale sind voller gotischer (=deutscher) Touristen mit Äußerungen wie „Die Straßen sind schlecht, aber sie tun was“, mit blondbezopften Frauen, Bratwurst mit Kraut mampfend …

Auch Asterix, Obelix und ihr Schützling, der spanische Häuptlingssohn, weichen zwar einer Baustelle oder Gefahrenstelle aus, rumpeln aber in der nächsten in ein Loch und haben einen Achsbruch. 

So ähnlich scheint's auch in Albanien zu sein. Der Straßenbau kann nicht mithalten mit dem gewaltigen Wachstum des Autoverkehrs.  

Bilder aus der Wikipedia über albanische Straßen: 

Kombinierte Straßen- und Bahnbrücke bei Lushnje, ca. 50 km südlich von Tirana - bei den dicken Löchern muß selbst oder gerade der Mercedes vorne vorsichtig fahren ... Zum Glück sieht man nicht alles genau bei der geringen Bildgröße und -auflösung. Damit die Forensoftware nicht wieder in die Knie geht, habe ich diesmal die geringste Größe der Wikipedia-Bilder gewählt. Sorry ... 

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"Kein Wunder, daß die 50-Kilometer-Fahrt von Saranda nach Gjirokaster zwei Stunden braucht", schrieb der niederländische WP-Fotograf zu diesem allerdings schon 2008 gemachten Bild. Und ich wundere mich mal wieder über das "Verschwinden" mancher Bilder - wie manche Waschmaschine die Socken, so läßt mein Rechner manches Bild halb verschwinden. Alle heute 'runtergeladenen Bilder waren im Bilderordner unter dem heutigen Datum verzeichnet, nur dieses nicht - vermutlich weil irgendwo in der Bilddatei ein anderes Datum verzeichnet war, vielleicht das der Aufnahme. Sehr irritierend, immer wieder

 

Auch das ist nicht lustig, wenn man es selbst erlebt – hab' ich zum Glück nicht, sondern nur so ähnlich mit dem Motorrad 2008 in der Türkei ... Allenfalls hinterher davon zu erzählen macht Spaß ...

Kurz vor Skutari bogen wir ab nach Süden – Richtung Tirana und Durres. Bis Durres wollte ich es heute noch schaffen.

Manchmal autobahnartig, mal sich verengend, meist mit Stau, ging's südwärts und schließlich westwärts. Immer wieder zwischen gutausgebauten Streckenteilen sehr rumplige Zwischenstücke, die, wie gesagt, zu äußerster Vorsicht mahnten, zumal im Dunklen – was aber von den hupenden Einheimischen nicht goutiert wurde …

Ein dichter Strom von Autos ging Richtung Durres; rechts und links der Schnellstraße teuer aussehende Hotels. Ich konnte mir gar nicht vorstellen, daß die alle ausgelastet waren …

Endlich ging's ins Stadtzentrum von Durres nach rechts, geradeaus nur noch in irgendwelche Industriegebiete. Im Stadtzentrum an den Straßenrändern eine Bar nach der nächsten und kaum eine Parklücke, erst recht keine, in der man länger als fünf Minuten parken durfte. Viele hielten in zweiter Reihe und sorgten für Staus.

Endlich hatten wir das Stadtzentrum hinter uns; der Verkehr lichtete sich, die Parkbuchten auch, aber noch gab es einige Cafés, wenn auch keine Unterkünfte.

Aber die „Walzer“ focht das nicht an – zur Not schliefen sie auch mal auf einer Parkbank. Wir verabredeten uns für den nächsten Morgen um 8.30 Uhr, und falls sie dann zur Stelle waren, konnten sie weiter mitfahren.

Ich aß und schrieb noch in einem Café. Ein Kaffee kostete etwa einen Euro. Wenn man die Straße weiterging, hörte in der Tat alles an Cafés und Läden auf, und statt aus der Stadt hinaus endete es, wie wir anderntags erfuhren, an einer Wendeschleife.

Ich hatte die Nacht wieder mal auf dem Beifahrersitz meines Wagens verbracht, und das an einer Straßenecke neben einer Schule und einem Gemüsehändler.

MI, 10.1.'24: Ab fünf Uhr wurde es immer lebendiger. Insbesondere etliche Frauen eilten vorbei auf dem Weg zu irgendwelchen Jobs, eine einzige auch mit dunkelgrünem Schulterüberwurf (Tschador?) und rosa fußlangem Kleid, doch ohne Gesichtsschleier; ansonsten waren eher „zerrissene“ Jeans zu sehen oder ganz normale Allerweltskleidung wie bei uns; viele Männer trugen Bart und bevölkerten die Cafés zu 90 Prozent und saßen in den (schlechtgeheizten) Cafés ebenso in ihren dicken Jacken herum wie draußen. Die Kälte – vielleicht fünf bis zehn Grad – schien ihnen kaum etwas auszumachen. (Im Süden kann man mehr frieren als in an sich kälteren Gegenden, weil meist unzureichend oder gar nicht geheizt wird – und dann noch der allgegenwärtige kalte Fliesenboden …)

Zwischen 7 und 8 gab's, fast wie in Deutschland, den üblichen „Elterntaxi-Fahrdienst“, und vor meiner Nase ballten sich die kurzparkenden Autos. Auf dem Beifahrersitz des Autos neben einer Schule übernachten, das ist das bizarrste Erlebnis, seit ich das mal 1994 im englischen Hastings gemacht hatte, nicht an einer Schule, sondern am Stadtrand, wo es statt Feld- und Wiesenwegen unserer  Art nur Schranken, Zäune und Gatter gab, und des Morgens neugierig von uniformierten englischen Schulmädchen beäugt worden war. Das nächste Auto wird wohl ein blickdichter Transporter sein …

Auf einmal waren die zwei „Walzer“ wieder da. Wir tranken noch einen Kaffee und fuhren dann los. Es kostete uns anderthalb Stunden, aus Durres mit seinen rund 200.000 Einwohnern herauszufinden auf den richtigen Weg nach Süden; immerhin nicht zwei Stunden wie in London …

Die Beschilderung war allgemein recht dürftig. Eine Zeitlang ging's über eher eintönige Ebenen nach Süden, aber dann tauchten wieder gewaltige, schneebedeckte Berge auf. Umgeht man sie im Westen, geht’s nahe der Küste über den sicher schönen, aber vermutlich auch anstrengenden Logarapaß (rund 1050 Meter) nach Süden; wir nahmen die Ostroute nahe an Gjirokaster vorbei, die sich als weitaus gebirgiger erwies, als ich gedacht hatte.

Langsam ging's voran, aber endlich war Saranda erreicht, und unsere Wege trennten sich.

Kaum ein Haus diente hier, nahe meinem Parkplatz, anderen als touristischen Zwecken, und kaum eins hatte geöffnet. Ein erstes Begrüßungsbierchen („Geschafft! Rechtzeitig da, um das reservierte Bett im Hostel zu beziehen!“) in einem der wenigen geöffneten Lokale nahe dem Ostrand der Strandpromenade, ein etwas teureres, aber immer noch sehr moderat.

In Ergänzung zu meinem etwas dürftigen Kartenausdruck konnte mir der Kellner mitteilen, daß mein gebuchtes billiges Hotel „Hasta la vista“ ein bis zwei Kilometer westwärts am Stadion lag.

Ich schwang mich wieder ins Auto, fuhr nach Westen und ein wenig bergauf und parkte zwischen einem Supermarkt und dem Stadion. Doch schon im Supermarkt wußte man nichts von dem vielleicht 100 Meter entfernten Hostel „Hasta la vista“. Dort angekommen, stellte ich fest, daß alles verschlossen und verriegelt und niemand erreichbar war. Ich versuchte es später noch zweimal – mit demselben Ergebnis.

Eine kleine Anzahlung (oder wie es hieß: „Deposit“) war nun futsch. Ich brauchte mir keine Sorgen mehr zu machen, daß mich der Herbergsvater aufs „Obergeschoß“ eines Doppelstockbetts schicken würde – der hatte mich komplett in die Wüste geschickt. Hasta la vista, blödes Hotel, oder besser: Auf Nimmerwiedersehen!

Ich döste zunächst auf dem Beifahrersitz, doch irgendwann wurd's mir zwischen Supermarkt und Stadion zu laut und zu geschäftig, und ich suchte mir ein anderes, ruhigeres und dunkleres Plätzchen am Stadtrand. Ich lernte dabei einige Gerümpelecken der Stadt kennen und mußte einige Male wenden und rangieren - auf Socken, denn meine Slipper ließen sich nur mühsam über meine offenbar leicht angeschwollenen Füße stülpen. Automatik und Servolenkung gehören auch noch auf den Wunschzettel fürs nächste Auto.

Ich fand den gewünschten ruhigen und halbdunklen Platz; man hörte nur noch das leichte dumpfe Rumpeln, wenn ein Straßenköter mal wieder versuchte, in einen Kunststoff-Müllcontainer zu springen. Die Straßenhunde lassen sich durch nichts aus der Ruhe bringen, auch nicht beim Kopulieren. Jemand soll das mal seinem Söhnchen so erklärt haben: „Ja, weißt du, der eine Hund ist müde geworden, und der andere schiebt ihn nach Haus.“

DO, 11.1.'24: Nach einigen friedlichen, erholsamen Stunden wurde es dann wieder ab ca. 5 Uhr unruhig. Transporter, die irgendwelche schmalen, hohen Platten abluden, zwischen den Hanghäusern hastende Zur-Arbeit-Geher, sonstwer.

Auf meinem Kartenausdruck waren etliche Billighotels zu sehen, aber nicht mit Namen, und ich hatte keine Lust zu suchen, generell nicht zu bleiben.

Der Strandpromenade mit ihren Palmen stattete ich noch einen Besuch ab. Schließlich hatte ich meinen Lesern ja versprochen, dort ein Bierchen zu zischen – auch wenn's jetzt ein Englisches Frühstück wurde.

Dann noch einmal volltanken und dabei mit Euro bezahlen und viel zu viel albanisches Wechselgeld kassieren („BANKA E SHQIPERISE“ – das rät so schnell keiner) und weiter Richtung Griechenland. Einige Baustellen auf dem Weg machen es stellenweise sehr rauh und holprig – und auf einmal standen meine beiden „Wälzer“ am Straßenrand, bemüht, einen „Lift“ nach Griechenland zu finden. Natürlich nahm ich sie mit. Ob ich noch Platz für einen Hund hätte, fragte einer scherzhaft. Ein Straßenhund habe sie von der Stadt pausenlos begleitet und jeden Autofahrer angekläfft, der sie mitnehmen wollte. "Der Hund boll immer weiter", schrieb mal jemand in einer alten Geschichte; schöne alte Imperfektform!

Die Straße besserte sich, es ging wieder mächtig ins Gebirge („Justav, jiv Jas, es jeht ins Jebirje!“), und bald waren wir in Griechenland. Auf schmalen Landsträßchen ging's bergab und voran (Bild) …


und bald war Igoumenitsa erreicht, ich parkte an der Uferpromenade ein und verabschiedete die zwei „Wälzer“.

Nahe dem Fährhafen checkte ich im „Hotel Oscar“ ein, benannt nach der Filmpreisfigur, und parkte später den Wagen auf dem Hotelparkplatz. 40 Euro pro Nacht (ohne Frühstück) war passabel, allerdings eben deutlich teurer als die versprochenen 15 Euro pro Nacht im „Hasta la vista“. 

 

Blick vom Hotel Oscar nordwärts über die Kneipenmeile Igoumenitsas

Endlich irgendwo angekommen! Es begann eine entspannte, produktive Woche.

(Forts. folgt) 

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Einer der Cuffkey-Macher auf einem Leihwagen ;-) Schöner war's noch, wenn der Cuffkey-Standchef nachmittags seine Mädels in einer Chain...