8.6.23

Sommerfrische am Ende der Welt - Teil IV: Vom Bumshotel zur bangen Frage „Bin ich noch fit für den Kerker?“



 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Ausstattung in dem romantischen Bumshotel in Fisterra 2016 - jetzt auch nimmer so ... (Bild vom Verfasser) 

Die vier Tage in Fisterra waren Tage des Schreibens, Spazierengehens und Genießens. Also genau, wie es sein soll. Das „Gesicht“ des Ort ist gen Osten gekehrt, der geschützten Bucht zugewandt, den „Rücken“ dem Atlantik zugekehrt. Einen kleinen Strand gibt es am Atlantik, aber den habe ich noch nie aus nächster Nähe gesehen. Entweder wollen die Mitreisenden wieder zurück nach Santiago, und mit dem Auto kann man nicht bis nahe an den Strand kommen, oder ich bin ein bißchen gehandicapt …
Froh saß ich am Abend der Ankunft in einem der Lokale am Hafen, den Blick nach Osten über die Fischereiboote und Jachten; das Schreibsoll hatte ich erfüllt, den Magen im Laufe des Tages mit rund drei Litern Bier angefüllt. Jetzt mußte ich nur noch das Gepäck aus dem rund 500 Meter entfernt geparkten Auto holen und ins Hotel Nr. 1 schaffen …
Plötzlich trat ich in ein Loch und fiel hin. Es geschah so blitzartig, daß ich an den Vorgang selbst keine Erinnerung habe, sondern mich auf dem Boden wiederfand, dem mit Steinfliesen belegten.
Mit Hilfe eines Müllcontainers rappelte ich mich mühsam wieder auf. (Von den rund 30 Meter entfernten Cafégästen half mir keiner.) Ich konnte gehen, ohne zu humpeln, aber die linke Schulter und die linken Rippen, auf die ich gefallen war, taten tagelang weh, zumindest bei bestimmten Bewegungen.
Mühsam und mit kleinen Schritten ging ich zu meinem Wagen, holte das Gepäck und brachte es ins Hotel, fiel bald darauf in tiefen Schlaf …
SA 20.5.'23 – DI 23.5.'23: Die folgenden Tage verliefen alle ähnlich: Vom Hotel bis zu den Lokalen am Hafen, Schreiben, Essen (Pulpo à la gallego, Krake auf galicische Art – mmm! – Nicht der Pulpo, aber manche Lokale generell sind von einer Knoblauchwolke eingehüllt, die einen nordeuropäischen Knoblauchhasser umhauen dürfte), aber für den etwas weiteren Spaziergang zum Atlantikstrand fehlte mir die Kraft. Ja, Asche auf mein Haupt – aber wenn man bei jeder falschen Bewegung ein Brennen an den linken Rippen verspürt, dann bewegt man sich eben nur aufs nötigste.
„In Fisterra sind die Sommer angenehm; die Winter sind kalt, naß und windig, und es ist das ganze Jahr über teilweise bewölkt“ (von einer Wetterwebsite).
Es regnet über 1000 Millimeter im Jahr, also bedeutend mehr als z. B. in Stuttgart oder Tübingen (rund 700 Millimeter), aber im Vergleich zum pissigen und stürmischen Winter läßt's im Hochsommer stark nach. Ich hatte fast immer Sonnenschein; die Temperatur im Schatten erreichte aber kaum 20 Grad, und im Schatten, oft auch mit Windböen, wurd's oft ungemütlich ohne Pulli …
Der Atlantik wird selten wärmer als 20 Grad, das sollten Reisende in spe auch wissen.
Allmählich besserte sich mein Befinden, aber ich fragte mich: „Bin ich noch fit genug für den Kerker?“ Ich hatte mich nämlich kurz vor meiner Abreise bei der Veranstaltung 24-Stunden-Knast angemeldet. Würde ich dafür noch fit genug sein? Nun ja, es besserte sich alles von Tag zu Tag … Natürlich fuhr ich auch einmal zum Kap hinaus; dafür langte es noch. Auf der Straße etliche Fußpilger – aber auch natürlich Autotouristen wie ich …
 
DI 23.5.: Ich packe gegen Mittag mein Gepäck ins Auto, das gratis in einer Seitenstraße gestanden hatte, meist im Schatten. Fahrt nach Norden Richtung A Coruña, das ich am Nachmittag erreiche – gerade im beginnenden Feierabendverkehr. Ich will weiter ostwärts nach Gijon oder Oviedo, aber diese Ortsnamen finde ich nirgends auf den Wegweisern, nur Richtung Stadtzentrum oder Lugo – das aber liegt viel zu weit im Landesinneren. Also Stadtzentrum. Unfreiwillig fahre ich die Strandpromenade entlang und am Herkulesturm vorbei, dem ältesten noch in Betrieb befindlichen Leuchtturm, aus spätrömischer Zeit, ca. 110 n. Chr., und nach vielleicht einer Stunde Irrungen und Wirrungen finde ich mich doch wieder auf der Autobahn nach Lugo, nach Südosten. „Madrid 470 km“ verkündet eine Tafel, während das grüne Land ringsum langsam, aber stetig anstieg. 

Interessante Stadt übrigens, Lugo: 465 Meter hoch gelegen, ist die Altstadt von einem vollständig erhaltenen römischen Mauerring umgeben, auf dessen Krone man spazierengehen kann. 

Römische Stadtmauer

 Auf dem römischen Mauerring um Lugo (Bild: WP) 

Ich stieg allerdings aus; verführt von einem Schild vor einer Ausfahrt, das Speis und Trank und Übernachtung verhieß, verließ ich die Autobahn, fand aber außer einer Handvoll Bars keine Übernachtungsmöglichkeit. Auch gut, dachte ich achselzuckend, kehrte in einer Bar mit dem halbstündlich bis stündlich wechselnden Dorfpublikum der Umgebung ein, schrieb mein übliches Quantum und bezahlte für drei Bierchen mit mehr als üppigen, wählbaren Tapas nicht mehr als sieben Euro.
Danach verzog ich mich in der Abenddämmerung in mein „Hotel Dacia“ und schlummerte bald angenehm in der grün-hügligen Umgebung. Nur donnerte ab und zu ein Laster vorbei – na ja, man kann nicht alles haben.
MI 24.5.: Eine der Bars hatte auch zum Frühstück geöffnet. Drei Milchkaffees mit je einem Stückchen Gebäck für insgesamt sechs Euros – hier ist Spanien noch das billige Urlaubsland von anno dazumal …
Wieder auf die Autobahn Richtung Lugo. Nach kurzer Zeit kam der Abzweig nach Osten, nach Oviedo – und von dort weiter über Santander nach Bilbao und San Sebastian …
Vorbei an den gewaltigen, über 2000 Meter hohen Picos de Europa, weiter ostwärts … Aber z. B. quirlige Städtchen wie Castro Urdiales, vollgestopft mit Sechs- bis Zehngeschossern, so daß man kaum parken kann, um sich umzuschauen, boten keine Unterkunft, jedenfalls keine, die ich so auf Anhieb entdecken konnte.
Also wieder auf die Autobahn – bis Zarautz. Gleich am Ortsanfang fand sich über einer gemütlichen Kneipe das „Zarautz hostel“, aber ich fragte nicht nach einem freien Bett; das Erklimmen von Doppelstockbetten fällt mir sowieso schwerer als früher … Ohnehin ist ein „Hostel“ für 50 Euro pro Nacht schon reichlich teuer ...
In der Kneipe schrieb ich mein Mindestquantum an Worten; dann schwang ich mich in meinen Wagen, der 400 Meter entfernt geparkt war – Parkplätze sind hier Mangelware – und fuhr hoch Richtung Campingplatz, der hoch über der Stadt liegt, parkte auf einem Kiesstreifen und nutzte wieder einmal das „Hotel Dacia“.
Unter mir lagen die Stadt und der blinkende Leuchtturm, und die Wellen rauschten und rauschten so vernehmlich, wie man es sich nur wünschen konnte, selbst durch die halbgeschlossenen Seitenfenster, und so ließ ich mich von den Wogen von Zarautz in den Schlaf wiegen …
DO 25.5.: Wie üblich etwas zerknautscht aufgestanden. Noch auf keiner Reise habe ich so oft im Auto geschlafen – etwa ein Dutzend Mal. 600 bis 900 Euro dürfte ich dadurch gespart haben – und mich oft etwas zerknittert gefühlt haben. 

Nach dem Frühstück bemühte ich mich, den Wellen von Zarautz wenigstens etwas näher zu kommen. Kaum freie Parkplätze. (Als ich wegfuhr, sah ich mehrere – typisch …) Der Strand von Zarautz ist wirklich ansehnlich und die Wellen auch …

Wieder zurück auf die Autobahn und über San Sebastian nach Osten. Im Bahnhofshotel von Irun, ein paar Dutzend Meter vor Frankreich, eine letzte Rast auf spanischem Boden – dann ging's rüber in la belle France. (Ca. 1068 Worte)

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