22.9.25

4. TAG: Als die Römer frech geworden – La Jonquera – Soria


Numancia auf der spanischen Hochfläche, über 1000 Meter hoch, im freundlichen Frühlingsgrün;  später wird alles goldgelb (WP)

4. September. Vierter Reisetag – und Jubiläum: Heute vor zehn Jahren machte Angela Merkel die Schleusen auf, am 4. September 2015; Motto „Wir schaffen das!“ Heute sind wir schon ganz geschafft, und wer weiß, wohin die Reise für Deutschland noch geht. Jedenfalls begann für Deutschland damals ein heißer Herbst, während in Spanien die Sonnenhitze jetzt gottlob langsam abklingt. Statt 40 Grad nur noch gemütliche 25 bis 30 Grad – wobei es an der Nordküste nie so glutheiß war.

Im Abklingen ist in Spanien auch die Neigung zum Abkassieren auf Autobahnen, was es mir ermöglichte, auf die nahe Autobahn Richtung Barcelona und dort kostengünstig südwärts zu rollen.

Die Schriftbänder an der Autobahn warnen nicht vor dickem Nebel oder dickem Verkehr, sondern vor dicker Klaudichte: „Vertrauen Sie nicht jedem, der bei einer Reifen- oder sonstigen Panne seine Hilfe anbietet!“ oder so ähnlich …

Der Verkehr ist dicht. Warum liegen zwischen den schönen Flecken Europas immer so viele häßliche und stressige Autobahnkilometer? Das dachte ich schon vor 20 Jahren …

Bald ging's nach rechts, nach Westen, Richtung Lleida; ziemlich bergauf und bergab, vorbei am heiligen Berg der Katalanen, dem Montserrat – und wieder mal tanken: nicht nur Bargeldakzeptanz gab's, sondern sogar Bedienung (wie an vielen Tanken Spaniens); und nahe dem Kassenraum ein kühl-tautropfenschimmernder, verlockender Zapfhahn. Was hab' ich das bei meinem Motorradtrip im glutheißen Sommer 2003, als zum zweiten Mal auch in Deutschland die 40-Grad-Marke „gerissen“ wurde, genossen! Eine Stunde fahren, dann tanken: Bier und Sprit. Mehr als 0,3 Liter hatten die Bierchen in diesem Land ohne Eichstrich nicht – an deutsche Bierquantitäten haben sich die Spanier nur peu à peu gewöhnt …

Weiter ging's Richtung Saragossa. Ein Autobahnkreuz. Nanu, müßte ich hier nicht abbiegen? Ach, geradeaus geht’s ja genauso weiter Richtung Saragossa …

allerdings auf der alten Landstraße. Kein Wunder, daß es hier noch einsamer zugeht als auf der (Gratis-)Autobahn. Verlassene, aufgelassene Tankstellen und sogar Hotels, endlose goldgelbe, fast baumlose Weiten. Bei einer günstigen Gelegenheit fuhr ich wieder auf die Autobahn.

Nicht überall waren es baumlose Öden, manchmal war's auch Buschwald oder Hügel oder mal ein heftiger Anstieg; immer aber einsam und reichlich dröge …

Weiter südwestwärts Richtung Madrid. Die Sonne sank.

Abfahrt auf eine Landstraße nach Nordwesten Richtung Soria. So, diese gut 70 Kilometer noch, dann war's das für heute, dachte ich.

Und wieder schier endlose goldbraune, trockene Weiten und alle paar Minuten mal ein Auto …

Kurz vor Soria, einer über 1000 Meter hoch gelegenen Stadt, war Schluß mit der Einsamkeit: Meine Landstraße bog auf eine stärker frequentierte Ost-West-Landstraße ein, und gleich war die wütende Elefantenherde der drängelnden Lkw wieder da. Also besser in der Abenddämmerung nicht lang suchen, sondern gleich an Ort und Stelle bleiben. Die Ost-West-Straße berührte oder schnitt Soria nur an einem Punkt, bei zwei Tankstellen mit Kneipe und Hotel, typischen Fernfahrerkneipen; leider beide ausgebucht. Also blieb nur noch ein: Speis und Trank dort und sich dann – wie die Fernfahrer – in sein Fahrzeug zurückziehen.

Im Februar 2001 war ich erstmals in dieser Gegend. Ich nächtigte in dem unweit von Soria gelegenen Dörfchen Numancia; da gab's noch Peseta und D-Mark und am Morgen eine dicke Eisschicht auf meinem Auto. In der Kneipe sah ich zum ersten Mal, wie die Gäste alles mögliche auf den Boden warfen: benutzte Papiertaschentücher, leere Zigarettenschachteln …

Und in dieser Fernfahrerkneipe bei Soria war's wieder ähnlich.

In Numancia wehrten sich 133 v. Chr. die einheimischen Keltiberer, jene vorrömische Bevölkerung aus Iberern, die wohl teilweise den Basken ähnlich waren, und eingewanderten Kelten (Galliern) gegen die sich ausbreitenden Römer, aber es war zu spät. 146 hatten sie Korinth und Karthago platt gemacht, und 133 taten sie das nach langer Belagerung mit den Iberern. Etwa 80 Jahre später kamen die Gallier in ihrem Stammland Gallien dran (in Alesia). Erst an den Germanen und ihrem Arminius bissen sie sich die Zähne aus; der Plan, Germanien vom Rhein bis zur Elbe für Rom zu unterwerfen, mußte aufgegeben werden.

Als ich 2001 in Numancia war, fand ich die Ruinen gar nicht; die waren wohl ein paar Kilometer entfernt. In einem Museum in Soria soll auch manches sein. Wie dem auch sei – ich machte es mir in meinem Wägelchen gemütlich, so gut es ging, und versuchte zu schlummern. Gegen morgen ging die Temperatur auf zwölf Grad 'runter, aber ich hatte ja eine warme Decke …

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Mohammettbrötchen

Was mir auffällt: Immer seltener gibt es an der Tanke Mettbrötchen. Vielleicht sollten die es mal mit Mohammettbrötchen versuchen?