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Vorbereitung zum Einnebeln: Im Dom zu Santiago (WP)  
Morgens leicht zerknittert aus meinem Autositz erhoben, in die Gaststätte gewankt ... "Ah, wieder da!" oder so ähnlich grüßte der Wirt. Erst mal Kaffee und Sandwiches, dann kann man weitersehen.
Erst mal auf der Durchgangsstraße, die teilweise als Autobahn ausgebaut war, Richtung Westen weiterfahren, Richtung Valladolid - und noch ein bißchen weiter, bis die Möglichkeit besteht, auf die (Gratis-)Autobahn A6 Madrid - A Coruña einzubiegen - natürlich Richtung Nordwest, Richtung A Coruña.
Sonnenschein und wieder goldgelbe, weitgehend baumlose Ebene - bis im Norden bis Nordwesten nordwestlich von Leon Berge auftauchen. Das letzte Gebirge vor Galicien, wenn man von der innerspanischen Hochfläche kam.
In Villafranca del Bierzo, das ich jetzt passierte, gibt's sogar eine "Gnadenpforte": Wer wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit die letzte Gebirgsschwelle vor Santiago nicht mehr passieren konnte, dem war nach dem Durchschreiten der "Gnadenpforte" so viel Ablaß der Sünden versprochen wie in Santiago - na, was will man mehr?
Dem Paß der innerspanischen Hochfläche Richtung Galicien, Richtung Lugo und A Coruña näherte ich mich inzwischen auf der ständig ansteigenden Autobahn A 6 der Paßhöhe zwischen Innerspanien und Galicien. Bis vor einigen Jahren lief hier der Pilgerpfad direkt neben der schmalen Straße, meist ohne klare Abgrenzung, und Vorsicht war geboten. Ich sah dort mal einen Pilger, der, offenbar völlig ausgepumpt, auf dem Asphalt flach auf dem Rücken lag, den Rucksack einen Meter entfernt; ich wollte fragen, ob er Hilfe brauche, aber ich konnte auch nicht ohne Gefahr anhalten und parken.
Richtung Paßhöhe gabelt sich der Weg: geradeaus die Fahrstraße (und nahebei die Autobahn), die in etwa 1100 Metern im Ortsteil Pedrafita do Cebreiro auf der Paßhöhe die Grenze zur Provinz Galicien überquert und sich auf der anderen Seite, im Nordwesten, wieder nach Lugo und A Coruña senkt, etwas mehr nach links der Weg zum Pilgerort . 
Ich genoß den Moment, als ich über die Provinzgrenze fuhr. Erst mal parken und sich die Beine vertreten - und zur Feier des großen Moments ein Bierchen hinter die Kiemen gießen :-) 
Mit Unterkünften sah's allerdings eher mau aus - erstens sowieso und zweitens, weil Nebensaison - -
Es strebt eben alles zu diesem Pilgerörtchen (siehe hier, WP): 
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Das Kirchlein ist halb im Boden eingegraben, damit es von den Winterstürmen nicht fortgeblasen wird auf seinem 1300 Meter hohen Berggrat, ein paar Kilometer westlich der erwähnten Paßstraße.
Der Ort wurde zur ersten Pilgerstation im entstehenden Jakobsweg. "Die Iglesia Santa Maria ist die älteste Pilgerkirche am Jakobsweg und wurde zusammen mit dem oben erwähnten Kloster gebaut." (WP)
"Berühmt ist es durch ein Hostienwunder, das sich im Jahr 1300 hier zugetragen haben soll: Ein frommer Bauer kommt trotz Sturm den Berg hinauf zur heiligen Messe, die ein an Gott zweifelnder Mönch zelebriert. Er macht sich insgeheim lustig über den Bauern. Bei der Wandlung verwandeln sich Brot und Wein jedoch tatsächlich in sichtbares Fleisch und Blut, wodurch der Mönch von seinen Glaubenszweifeln geheilt wird." (WP). Ich dachte eigentlich, das geschähe in jeder katholischen Messe, aber man lernt ja nie aus.
"O Cebreiro besteht als Pilgerstation, seit Alfons II der Keusche 836 hier ein Pilgerhospital und ein Kloster zu dessen Betreuung stiftete. Es ist gleichzeitig wichtig für das aktuelle Pilgerwesen: Von hier – der Wirkungsstätte des Pfarrers Don Elías Valiña Sampedro – gingen wichtige Impulse für die Neubelebung des Jakobswegs aus."
So wurde Cebreiro nicht nur zu einer der ersten Jakobsweg-Pilgerstationen, sondern auch direkt zum Pilgerziel. 
Der erwähnte Pfarrer, nicht alt geworden, hatte sich zum Ziel gesetzt, den alten Jakobsweg wiederzuleben - und es gelang ihm. "Er arbeitete an deren Wiederbelebung, indem er ab 1984 weite Strecken des Camino Francés neu markierte. Außerdem verfasste er kulturwissenschaftliche Schriften zum Jakobsweg, zu denen seine Dissertationsschrift von 1965 El Camino de Santiago. Estudio histórico-jurídico gehört, und den Guia del Peregrino, den ersten modern Pilgerführer für den Camino Francés." (WP) "Die Seite celtiberia.net berichtet eine Anekdote, die Aufschluss über die Größe seiner (inzwischen Realität gewordenen) Vision gibt: Polizisten der Guardia Civil beobachten Valiña Sampedro beim Markieren eines Pyrenäenübergangs mit gelben Pfeilen, der auch gelegentlich von Mitgliedern der verbotenen baskischen Separatistenorganisation ETA benutzt wurde. Auf die Frage, was er da mache, erklärte der Pfarrer: „Ich bereite eine große Invasion vor!“"(WP)
1960 oder 1970 gab's natürlich auch jede Menge Besucher Santiagos, auch des Doms, aber richtige Pilger, d. h. solche Besucher, die wenigstens einen Teil des Wegs zu Fuß zurücklegten, gab's kaum noch. Das änderte sich jetzt, u. a. durch die Bemühungen Sampedros.
Auf das Pilgerhospiz hatte ich keine Lust, das Hotel, das ich vor ca. zehn Jahren besucht hatte, hatte geschlossen - also in eine teure Unterkunft (ca. 90 Euro) und in einem Restaurant in der Nähe mit einer Vesper und reichlich Bier den Abend beschließen.
Wenigstens konnte man sich in meinem Hotelzimmer ordentlich waschen. Die mittelalterlichen Pilger hatten diesen Komfort nicht. Was tun also, wenn die Geistlichen in Santiago den Dom vollhatten mit einer müffelnden, ungewaschenen Pilgerschar? Die mußten aus- oder vielmehr eingeräuchert werden:
Dieses Weihrauchfaß nebelte, in rasenden Schwung gebracht, die ganze Pilgergemeinde ein. Wer sich dem in den Weg stellte, hörte womöglich schneller die Engel singen, als ihm lieb war ...
Und damit Schluß für heute - ab in den seligen Schlummer :-) 
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